Johanniskraut: ein pflanzliches Antidepressivum mit Nebenwirkungen
Heilpflanzen gelten als besser verträglich als industrielle Pharmaka, die oft wegen ihrer Nebenwirkungen in der Kritik stehen. Jedoch sind phytomedizinische Pharmaka nicht grundsätzlich nebenwirkungsfrei. Johanniskraut übt zwei solcher unerwünschter Effekte aus, die von vielen Heilpflanzen ausgehen, wenn auch in weit weniger starkem, vernachlässigbarem Maße.
Diese beiden Nebenwirkungen bestehen erstens in einer Hemmung der Aufnahme anderer Arzneistoffe. Zweitens forciert vor allem das Hyperforin aus dem Johanniskraut den Abbau einiger Medikamente im menschlichen Körper. Menschen, die ihre Depressionen mit Johanniskraut behandeln wollen, sollten bei gleichzeitiger Einnahme weiterer Präparate berücksichtigen, dass diese Pharmaka dann nicht mehr optimal wirken können.
In-vitro-Versuche sind nicht möglich
Bei industriellen Einzelwirkstoffen können Wissenschaftler im Labor feststellen, ob solche Nebenwirkungen auftreten. Inwieweit die pflanzlichen Stoffgemische diese Eigenschaften innehaben, kann nur am Menschen ausgetestet werden. Dabei erhalten Freiwillige das Pflanzen-Präparat und einen industriellen Einzelwirkstoff, dessen zeitlicher Konzentrations-Verlauf ermittelt wird. Ferner können Messungen der Abbau-Produkte der Pharmaka diesen Effekt quantifizieren. Der Vergleich mit den Verhältnissen bei Menschen, die kein pflanzliches Mittel erhalten haben, zeigt dann den Einfluss des Pflanzen-Präparates auf die Medikamenten-Wirkung an.
Mit der Methode haben Forscher Johanniskraut und andere Heilpflanzen untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass die antidepressive Heilpflanze die Produktion eines Eiweißes namens P-Glykoprotein (P-gp) induziert. Das Protein ist in der Zell-Membran von Darmschleimhautzellen (Enterozyten) angesiedelt und pumpt aufgenommen Arzneistoffe wieder aus der Zelle hinaus.
Zudem induzieren Johanniskraut-Präparate die Enzyme aus der Gruppe Cytochrom-P-450 (CYP3A4, CYP2C19, CYP2C9, CYP2D6). Diese Proteine gehören zum Entgiftungs-System in der Leber und bauen daher auch Medikamente ab. Über diese beiden Mechanismen schränken Johanniskraut-Präparate die Wirkung vieler Medikamente ein.
Im Reagenz-Glas konnten isolierte Verbindungen aus dem Johanniskraut (Biapigenin, Hyperforin und Hypericin) die CYP-Enzyme sogar blockieren. Im menschlichen Körper wirken die pflanzlichen Stoffe allerdings vermittels eines Rezeptors (Pregnan-X-Rezeptor, kurz PXR), der in den In-vitro-Experimenten nicht vorhanden ist.
Welche Medikamente sind betroffen?
Bisher sind nur wenige, aber wichtige Medikamente untersucht worden, deren Wirkung von Johanniskraut-Präparaten ungünstig beeinflusst wird. Dazu zählen:
- der Cholesterinsenker Simvastatin
- das Herzglykosid Digoxin
- der Protonenpumpenhemmer Omeprazol
- das Chemotherapeutikum Irinotecan
- die Immunsuppressiva Tacrolimus und Ciclosporin
- das Antidiabetikum Gliclazid
Wahrscheinlich betrifft diese Nebenwirkung vom Johanniskraut noch weitere Medikamente, die daraufhin noch nicht untersucht wurden. Patienten, die neben dem phytomedizinischen Antidepressivum andere Medikamente einnehmen, sollten daher darauf achten, dass die Konzentration von Hyperforin im Präparat möglichst gering ist (zum Beipsiel Esbericum). Denn dieser Wirkstoff ist für die Nebenwirkung hauptsächlich verantwortlich.
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Dieser Beitrag wurde am 04.11.2021 erstellt.